Montag, 10. Februar 2014

Interview: Horus W. Odenthal

  Die Woche beginnt gleich wieder hochinteressant, da sich der Autor von Homunkulus dazu bereit erklärt hat einige Fragen zu beantworten.
Die Antworten möchte ich euch heute gerne Vorstellen :) Ich wünsche euch viel Spaß damit. 

Stell Dich doch bitte einmal kurz vor.
Ich bin Horus W. Odenthal. Ich bin Geschichtenerzähler, zunächst im Medium Comic, jetzt mit meinen phantastischen Romanen. Gelegentlich hört man auch, das ich singe. Mit Musik würde ich auch gerne wieder mehr machen; die Gelegenheit wir sich bestimmt ergeben. Ich wohne mit meiner Frau und meinen beiden Zwillingstöchtern in der Nähe von Aachen, ab der Grenze zur Eifel. Ich liebe den amerikanischen Nordwesten, Kalifornien und Arizona und halte mich dort so gerne so oft wie möglich auf. Wer meine Bücher gelesen hat, dem dürfte nicht entgangen sein, dass ich fasziniert von der Wüste bin und es mich immer wieder dorthin zieht.
Wie bist Du zum Schreiben gekommen und wann hattest Du deine ersten Gehversuche unternommen?
Es war eigentlich schon als Kind mein erster Berufswunsch Schriftsteller zu werden. Entsprechend früh habe ich auch schon meine erste Fantasy-Geschichte geschrieben. Es war eine naive Mischung, der Sachen, die ich damals gerne las, also Herr der Ringe, den Büchern von Robert E. Howard und Michael Moorcock und ähnlichem. Gott sei Dank sind die Sachen nicht erhalten geblieben. Trotzdem haben einige Bruchstücke daraus auch den Weg in meine heutigen Bücher gefunden, zum Beispiel der Charakter von Auric dem Schwarzen und Darachel, auch wenn sie damals eine ganz andere Rolle spielten.
Dann habe ich irgendwann das Zeichnen entdeckt und schrieb und zeichnete für lange Zeit Comics für den deutschen und US-amerikanischen Markt.
Bis irgendwann die Geschichten aus mir herauswollten, die den Rahmen dieses Mediums sprengten. Ich habe einmal auf Drängen meiner Frau probeweise mit dem Schreiben von Prosa ohne Bilder begonnen, und seitdem bin ich süchtig danach.
Wie sieht Dein Schreib-Alltag aus bzw. wie gestaltest Du das Schreiben?
Ich versuche, so früh wie möglich an den Arbeitstisch zu kommen. Anders als viele andere Künstler bin ich kein Nachtarbeiter. Ich bin ein totaler Lichtmensch, daher die Affinität zur Wüste, und Licht gibt mir Kraft und Inspiration.
Hast Du eventuell auch schon Erfahrung mit Schreibblockaden machen müssen und hast Du Tipps für junge Autoren damit umzugehen?
Ich hatte ein einziges Mal so etwas wie eine Schreibblockade, als ich nach langer Zeit der Pause wieder mitten in einem Roman angefangen habe. Aber das hat auch nur einen Tag oder zwei gedauert.
Das einzige, was man dann machen kann, ist Schreiben. Einfach schreiben, egal was, ohne Filter und Wertung dessen, was dabei herauskommt. Dan kommt man am schnellsten raus. Dazwischen immer wieder kurz Sachen lesen, die man mag. Kleinere Holperer, die man eigentlich nicht Blockaden nennen kann, überwindet man durch ein paar Tricks.
Wenn eine Szene hakt: Einfach weiterschreiben.
Spätestens, wenn dir eine Szene wieder gut gelingt, wirst du wissen, wie du diese besser machen kannst. Und dann kannst du sie überarbeiten. Oder, alter Trick, schreibe sie so, wie sie auf keinen Fall sein sollte. Dann ist erstmal die Schreibhemmung weg, und danach weißt du klarer WIE sie sein sollte. Es kann nämlich sein sein, dass dein Unterbewusstsein versucht, dir etwas zu sagen. Etwas stimmt nicht an der Szene, etwas fehlt noch.
Wo schreibst Du am Liebsten bzw. hast Du besondere Ritualebeim Schreiben?
Ich schreibe am liebsten an meinem Schreibtisch. Der stand an allen Orten, an denen wir gewohnt haben, immer mitten im Raum. Ich hasse es, gegen eine Wand zu arbeiten.
Das Ritual ist, die Arbeit des letzten Tages durchschauen und korrigieren, um in den Fluss der Erzählung zu kommen, und von da ab weiterschreiben.
Wie kamst du auf die Idee deines Buches? War es eher ein spontaner Einfall? Ein Traum? Oder wurdest du von etwas inspiriert?
Was Homunkulusbetrifft, wurde ich durch einige Cop-Serien inspiriert, das Buch zu schreiben. Diese Sachen haben mich eine zweitlang sehr fasziniert. Und dann kam wieder eine Funke zum Tragen, den ich schon früh beim Niederschreiben der NINRAGON-Trilogie hatte. Fantasy ist nicht an eine bestimmte Art der Story gebunden, etwa an die Quest-Struktur; man kann jede mögliche Geschichte als Fantasy erzählen. Man kann Geschichten aus jedem möglichen Genre ins Fantasy-Genre übertragen. Vielleicht mag es sein, dass Leser eine bestimmte Art von Geschichten wünschen oder Verlage das mit ihrem Angebot verstärken, aber generell ist alles möglich.
Was lag für mich näher als eine Cop-Story, eine Mischung zwischen Thriller und Krimi in meine Fantasy-Welt von NINRAGON zu übertragen. Eine Zeit und ein Setting bot sich an, die Themen kamen schnell hinzu, und schon war der kreative Motor wie wild am Laufen.
Wie entstehen die Protagonisten Deines Buches? Sind Deine Figuren immer rein fiktiv oder lässt Du dich auch von realen Personen inspirieren?
Das kann man so generell nicht sagen. Meine Personen fangen immer fiktive an, aber es kann natürlich sein, dass sich irgendwann ein Zug einer realen Person an diese Figur heftet oder die Figur sich sogar in bestimmte Merkmale dieser realen Person hüllt.
Was bereitet Dir mehr Schwierigkeiten? Der Anfang oder das Ende Deines Buches?
Der Anfang. Anfänge sind wichtig. Anfänge geben ein Versprechen für den Rest des Romans. Anfangen sollen eine Verzauberung sein, die den Leser dazu bringen, deinen Pfaden zu folgen. Es ist der Beginn einer Beziehung. Denn jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, sagt Hermann Hesse. Umso sorgfältiger sollte man damit umgehen.
Das Ende kommt von selbst. Jede Geschichte führt zu einem Endpunkt. Manchmal zu mehreren. Welchen man davon wählt, bestimmt den ganzen Charakter der Geschichte.
Was hat dich zu dieser Geschichte inspiriert? Wann kam dir die Idee?
Die Cop-Story in ein Fantasy-Setting zu übertragen bildete den Kern, dann kam die Protagonistin Danak als Charakter dazu. Alles andere waren logische Fortführungen der Welt, die ich in der NINRAGON-Trilogie geschaffen habe bzw. der Ausgangssituation.

 
Nach welchen Kriterien hast Du dich für dein Cover entschieden bzw. wie kamst Du auf deine Idee?
Ich habe die Idee für das Cover zusammen mit dem Cover-Künstler Arndt Drechsler entwickelt. Wir haben miteinander die Möglichkeiten durchgesprochen und kamen ziemlich schnell zu dieser Lösung. Danak, die Protagonistin und die Stadt dahinter. Als ich Arndts Cover das erste Mal sah, war ich vollkommen hin und weg, wie gut er die Figur und die Stimmung getroffen hat. Arndt Drechsler ist einer der ganz großen Cover-Illustratoren und hat schon sehr viel gemacht, ob Cover für China Miéville, Davic Weber, Perry Rhodan und und und. Er ist einer der Leute, die wirklich einen internationalen Standard haben.
Wie hast Du deinen Titel gefunden?
Der Titel ergab sich relativ schnell aus der zentralen Bedrohung, die dann aber auch auf anderer Ebene zum Motiv des Romans wurde. Aber ich will nicht zu viel verraten.
Welcher Zielgruppe würdest Du deine Bücher am ehesten empfehlen?
Zunächst einmal jedem der Fantasy mag und bereit ist über den normalen Standard der Herr-der-Ringe-Nachmacher hinauszugehen und sich auf ein Szenario einzulassen, das nicht mehr dem kindlichen und märchenhaften Schema von Schwarz-Weiß, Gut und Böse entspricht. Der etwas Neues lesen will.
Und dann den Leuten, die eigentlich keine Fantasy lesen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass auch die sehr viel mit meinen Romanen anfangen können. Weil sie in ihnen Dinge finden, eine Tiefe und einen Realismus, die sie bei Fantasy nicht vermutet hätten. Die Welt, in die ich den Leser führe, versuche ich genauso real, greifbar und erlebbar zu halten, wie die reale Welt. Und die Welten, in denen auch Nicht-Genre-Bücher spielen.
Homunkulus spielt ja in dem Erzähluniversum von Ninragon, ist jedoch ein eigenständiger Roman. Wie kam es, dass du dich gerade dazu entschieden hast?
Das beantwortet sich zum Teil durch die Entstehung bzw. den Weg durch den ich zur Idee für Homunkulusgekommen bin. Es ergab sich logisch.
Zum anderen ist es mein großer Plan, das NINRAGON-Universum insgesamt nach diesem Prinzip aufzubauen.
Jeder Teil soll für sich stehen, soll für sich allein verstanden werden können. Jede Erzählung ist eine Tür in die NINRAGON-Welt. Hat man sie einmal betreteten, dann kann man für sich entscheiden, in welche Richtung man gehen will, um sie weiter zu erforschen.
Es gibt einige Leute, die diesem Prinzip der Serie folgen. Geschichten, die zusammenhängen und sich gegenseitig bereichern, die aber auch für sich allein stehen können und in keiner besonderen Reihenfolge gelesen werden müssen. Lois McMaster Bujold mit ihrem Barrayar-Zyklus und den Geschichten um Miles Vorkosigan gehört zum Beispiel dazu.
Eine wichtige Frage noch: Denkst du über einen zweiten Teil mit Danak als Hauptperson nach?
Nicht aktiv. Das wäre aber möglich. Genauso wäre es möglich, dass ich eine Geschichte erzähle, in der Danak zwar vorkommt, aber diesmal nicht die Hauptperson ist. Ich hatte schon für mich eine Geschichte geplant, in der Personen die Hauptrolle spielen, die am Rande auch in Homunkulusvorkommen und uns tiefer in die Geschichte dieser Welt eintauchen lässt, das Thema von Homunkulusauf einem breiteren Hintergrund weiter verfolgt. Das wären dann Personen, die man bei Homunkulusim Lager der Antagonisten getroffen hat. Die Bösen sind oft nichts anderes als die Guten einer anderen Seite. Die Geschichte trägt den Arbeitstitel Firnwölfe.
Du hast ja bereist reichlich Erfahrung im Self-Publishing gesammelt. Was für Vor-und Nachteile siehst du daran? Was würdest du jungen Autoren empfehlen, die darüber nachdenken ihr erstes Buch selbst zu veröffentlichen?
Der Vorteil ist, dass man volle kreative Kontrolle hat und man nicht in die Schubladen von Verlagen passen muss. Der Nachteil ist, dass man einiges selber machen muss, was sonst ein Verlag übernehmen sollte. Das wird dadruch ausgeglichen, dass viele Verlage diese klassischen Aufgaben heute auch nicht mehr wahrnehmen. Ein Verlag liefert Aufmerksamkeit, indem er dich mit seiner Finanzkraft in die Buchläden drücken kann. Als Self-Publisher musst du dir diese Aufmerksamkeit selber schaffen.
Aber das alles ändert sich schnell, weil die Buchwelt gerade in einem Umbruch ist. Verlage müssen diese Veränderung ergreifen, um in der bisherigen Stärke überleben zu können. Autoren können diese Möglichkeiten ergreifen, um zu einer Freiheit zu gelangen, wie sie bisher nicht möglich war.
Welches Buch hat einen nachhaltigen Eindruck bei Dir hinterlassen und ist aus Deinem Bücherregal nicht mehr wegzudenken?
Das sind viel zu viele, um sie hier zu nennen. Bei der Fantasy: Herr der Ringe, Glen Cook, Richard Morgan, Steven Erikson, R. Scott Bakker usw. usf.
SF: William Gibsons Neuromancer, Dan Simmons Hyperion-Romane, Richard Morgan usw. usf.
Generell: Thomas Mann, Dorus Lessing, Haruki Murakami, John Cowper Powys Glastonbury RomanceAlfred Döblins BErlin Alexanderplatz, viel zu viele, viel zu viele.
Und natürlich Elmore Leonards Bücher, seine Krimisaber auch seine Western. Ein Autor, der in Deutschland noch viel zu sehr unterschätzt wird.
Und ich bin sicher, ich habe ganz viele für mich wichtige Bücher vergessen.
Wenn Du in Dein eigenes Bücherregal schaust welches Genre ist hier am meisten vertreten?
Fantasy und Science Fiction.
Mit welcher literarischen Figur würdest Du gerne einmal einen Tag verbringen?
Den meisten Figuren, über die ich gerne lese, würde ich im richtigen Leben wohl am liebsten aus dem Weg gehen. Wahrscheinlich würde ich am liebsten mit Anna Wulf aus Doris Lessings Das Goldene Notizbucheinen Tag verbringen. Nicht spektakulär aber bestimmt hochinteressant. Die meisten anderen schaue ich mir lieber aus sicherer Entfernung durch das Fenster eines Buches an.
Ich danke Hours W. Odenthal für dieses tolle Interview.
 
 Copyright © Julia

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