Mittwoch, 22. Mai 2013

Teil 34


Falls du die anderen Teile dieser Geschichte noch nicht gelesen hast, findest du sie hier.

Die Formulierung machte Zev stutzig. Es klang, als wäre es nicht nur ein einfaches Verbot gewesen, sondern etwas viel Größeres und Weitreichenderes. ,,War es denn ein schlimmes Unglück?“ Maelle drehte sich mit erschreckend ernstem Gesicht zu ihm um. ,,Das Schlimmste was hätte passieren können.“ Zevs Augen weiteten sich. Ihm kamen plötzlich so viele Bilder in den Sinn. So viele schreckliche Szenarien, dass er unwillkürlich einen Schritt zurück trat.
Unsagbar schreckliche Bilder.
Erinnerungen.
Alles Unglücke, die er zu verantworten hatte.
Wenn ihn diese Szenen einholen, was in letzter Zeit häufiger geschah als früher, dann begann er, wie jetzt auch sich selbst gut zuzureden.
Immer wieder zu sagen, dass dies ein anderes Leben war. Eine andere Zeit. Ein anderes Ich. Er hatte sich geändert.
Eine Ewigkeit hatten sie einfach nur dagestanden. Beide ihren eigenen Gedanken und Erinnerungen nachhängend. 
Zev hatte nichts sagen können. Hätte die Stille nicht unterbrechen können. Zu sehr drückte ihm die Erinnerungen die Kehle zu. 
Erst als er sich wieder beruhigt hatte und seine Lungen langsam wieder mit erfrischender Luft füllen konnte, riss er auch Maelle aus ihren Gedanken.
,,Dir?“ Seine Stimme zitterte dennoch leicht.
Maelle schreckte auf und ihre weiße Haut wurde puderrot. ,,Tut mir leid, ich war plötzlich ganz woanders.“ Zev erwiderte ihre Röte mit einem leichten Lächeln. 
,,Nein, mir ist nichts passiert.“ Maelle stand wartend neben dem Auto, als Zev den Kofferraum öffnete. ,,Meine Schwägerin. Sie hatte einen Unfall.“ Er griff nach Maelles Tasche und warf sie sich über die Schulter.
,,Das tut mir leid.“ Mit einem viel zu lauten Knall schloss sich der Kofferraumdeckel. ,,Standen ihr euch sehr nah?“ Ihr Gesicht spiegelte eine unsagbare Traurigkeit wider. ,,So nah, wie Schwestern.“ Zev stand dort, vollkommen hilflos. Er wollte sie trösten, doch er wusste nicht wie. ,,Das tut mir leid.“ Zev wusste nicht, was er sonst sagen sollte, um sein Mitgefühl auszudrücken. Er hatte das vorher noch nie gemacht. 
Maelle zuckte leicht mit den Schultern. ,,Es ist schon so lange her und sie selbst hatte mir beigebracht nicht in der Vergangenheit zu verharren, sondern die Zukunft in Angriff zu nehmen.“ Maelles Augen straften ihrer Worte Lügen. Doch sie wollte nicht weiter darauf eingehen und streckte ihre rechten Hand aus, um ihm den Rucksack abzunehmen, womit das Thema beendet war.  Zev stapfte an Maelle vorbei, die ihn zuerst skeptisch ansah und dann kopfschüttelnd hinter ihm ins Haus ging.
,,Also ich hoffe du hast nicht zuviel erwartet.“ Maelle trat durch die kleine Tür ins Haus. ,,Ich habe gar nichts erwartet.“ Als Maelle sich umblickte, starrte Zev sie erwartungsvoll an. Langsam trat sie einen Schritt nach dem anderen in die kleine Hütte hinein, die früher für seine ganze Familie Platz geboten hatte. 
,,Es ist schön hier.“ Maelle ließ sich neben dem Spinnrad fallen, als wäre es das natürlichste der Welt und begann das staubige Rad langsam zu drehen. 
 Copyright © Julia

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen